Mit Verbilligung der Rechenleistung, der überall verfügbaren, immer schneller werdenden Bandbreite sowie günstiger werdender Sensoren wird die Konstruktion digitaler Endgeräte einfacher. Funktionen in den Geräten werden weniger von der Hardware übernommen und in die Software verlagert. Software ist der neue Werttreiber bei digitalen Produkten.
Über diese neue Konstruktionsweise können Produkte früher ausgeliefert werden. Später gibt es dann die Möglichkeit über ein Software-Update die Leistungen des Produktes zu erweitern.
Gab es früher Anzeige-Displays in den Geräten, so werden die Visualisierungen heute an bereits verfügbare Endgeräte übertragen. Drohnen übermitteln Bilder der Kamera an das Handy-Display und die Werte der Insulinmessung werden online an angebundene Endgeräte übermittelt, ausgewertet und angezeigt. Cockpits von Flugzeugen, Booten und Autos sehen immer häufiger aus wie riesengroße, eingebaute Tablets, die individuell mit Anzeigen nach dem jeweiligen Nutzerprofil oder auch nationalen Gesetzen bespielt werden können. Neben dem eigentlichen Produkt wird zusätzlich eine unsichtbare Infrastruktur für das Datensammeln, die Produkterweiterung und die Individualisierung im Hintergrund mit ausgeliefert.
Diese neue Art der Produkte erfordert neue Funktionen in Organisationen. Wir stellen drei dieser neuen exotischen Abteilungen im folgenden Artikel gern vor.
Als DevOps wird die gemeinschaftliche, funktionsübergreifende Entwicklung und Anwendung von Software verstanden. Die Abkürzung „Dev“ steht dabei für Development – also Entwicklung und „Ops“ kommt von Operations, welches sich auf den Software-Betrieb bezieht.
Wer betreibt eigentlich Infrastruktur, Software-Maintenance und Produktentwicklung für diese neue Welt?
Die gerade beschriebenen neuen Betreibermodelle digitaler Produkte machen eine Neu-Organisation der Abteilungen notwendig, die für das Produkt zuständig sind. Große Fachabteilungen wären durch ihre Prozesse und Strukturen zu langsam, um mit der vertrauten Geschwindigkeit der GAFAM Schritthalten zu können. Es geht um Produkt-Updates, Funktionsverbesserungen mit Micro-Services, Optimierungen oder die Behebung von Fehlern. Hinzu kommen A/B-Testing im Live-Betrieb und der unterbrechungsfreie Betrieb der Produkte.
Das kann nur ein kleines, schnelles Team aus Spezialisten der einzelnen Abteilungen leisten – das sogenannte DevOps-Team. Das neue Besondere daran ist, das autarke Handeln der Teams. Sie müssen sich lediglich mit der übergeordneten Strategie der Organisation arrangieren. Vereinfacht ausgedrückt kümmern sich DevOps um die Produkteinführung und den Betrieb der Software.
Usability wird erwachsen und heisst jetzt Customer Experience (CX)
Was früher unter dem Begriff der „Usability“ (Gebrauchstauglichkeit) bekannt war wird heute ganzheitlicher, mit dem Begriff des Customer Experience Management umschrieben. Es geht um mehr als nur das einfache Bedienen von Softwareoberflächen. Da der Wettbewerb nur ein Mausklick entfernt ist und Kündigungen monatlich ausgesprochen werden können, ist die Usability zum hygienischen Faktor geworden. Sie reicht allein nicht mehr aus, um am Markt bestehen zu können. Der Nutzen für den Kunden, die Produkterfahrung und vor allem die Beziehung zum Produkt und zur Marke werden zukünftig vom CX-Team gestaltet. Neueste Trends in der Customer Experience sind Nudging und Behavioural Design. Das eigentliche (Hardware-) Produkt tritt in den Hintergrund. Die Marke als Product-as-a-Service wird mehr und mehr in den Vordergrund treten:
- Verpackungsmaschinenhersteller verkaufen heute keine Maschinen mehr, sondern die Anzahl der Verpackungen auf der Maschine beim Lebensmittler
- Es werden heute Löcher anstatt Bohrmaschinen verkauft
- Fluggesellschaften zahlen nur die Betriebsstunden der Triebwerke, nicht aber die Turbine und
- Telekommunikationsunternehmen werden Minuten in Form von Erlebnissen für die Kommunikation verkaufen anstelle von Tarifen
Bei Produkten wird zukünftig mehr und mehr das reibungslose Produkterlebnis zählen, welches durch das Customer Experience Management gestaltet wird.
Unternehmensgold in Fort Knox – Das Data Center
Ebenfalls neu dazu kommen im neuen Abteilungsreigen ist das Data Center. Hier fließen (zukünftig) alle generierten Daten der Kunden und von Produkten zusammen. Die primäre Aufgabe der Datenabteilung ist die Speicherung der Daten. So speichert Google heute bereits Daten in neutralen Formaten ab, damit sie in Zukunft analysiert und aus der Vergangenheit ausgewertet werden können.
Neben der Speicherung und der damit einhergehenden Datensicherheit spielen die Analyse und Schnittstellen eine weitere wichtige Rolle für die neue Abteilung. Denn mit der Analyse sollen neue Erkenntnisse gewonnen werden, die über Schnittstellen in neuen Produkten oder Services verwertet werden können. Als Beispiel kann Nest genannt werden.
Das eigentliche Produkt ist gar das digitale Thermostat. Denn wenn genug dieser Geräte installiert sind, kann sich der Hersteller als Stromzwischenhändler aufstellen und den vorher eingekauften Strom von den Stromversorgern an den Endnuzter weiter verkaufen, weil er exakt die Stromverbrauchsprofile seiner Kunden kennt.
25 Prozent aller großen Unternehmen besitzen heute bereits ein Data Center, so das amerikanische Marktforschungsunternehmen Gartner.
Das neue Normal – Veränderung
Mit der genannten Steigerung der Rechenkapazitäten, Verbilligung des Speichers und Erhöhung der Bandbreiten werden sich die Produktlebenszyklen ähnlich wie die Produktentwicklungszeiten verkürzen. Die Geschwindigkeit der Entwicklung nimmt weiter rasant zu. Agile Arbeitsmethoden wirken dabei wie Katalysatoren für Prozesse und Arbeitsergebnisse.
Wettbewerber aus fremden Branchen in Form von Startups oder der Big Six werden den Druck auf die Branchen zusätzlich mit dem sogenannten Piranha-Effekt erhöhen. Traditionelle Unternehmen, die abwarten, werden dabei von beiden Seiten angegriffen.
Daher ist es umso wichtiger, eine stabile und gleichzeitig agile Organisationsentwicklung zu betreiben, die sich diesen Entwicklungen anpasst. DevOps, Customer Experience und Data Center sind nur einige der neuen Trends in der Organisationsentwicklung. Die Kunst der Anwendung dabei ist der Spagat zwischen der Differenzierung nach Funktionen über Abteilungen bei gleichzeitigen Integration in die agilen und neuen, schnellen Eingreiftruppen.
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